Pflanzenbasierte Lebensmittel boomen

Ob Soja-Bulette, Getreide-Drink oder Ei aus Mungo-Bohnen – in Europa steigen Verbraucher in Scharen auf pflanzenbasierte Lebensmittel um. Hier die Gründe.

Lebensmittel auf Pflanzenbasis, wie diese Tofu-Scheiben, boomen in ganz Europa
Lecker Tofu-Scheiben 700 Prozent Wachstum für pflanzenbasierte Lebensmittel Foto: ha11ok/Pixabay

Seit 35 Jahren stellt das Familienunternehmen Berief Food aus Beckum im Münsterland rein pflanzliche Lebensmittel her. Doch einen solchen Run auf eine neue Produktlinie haben seine Macher noch nicht erlebt. Auf Basis glutenfreien Hafers, Sojas und glutenfreier Sonnenblumenkerne bieten sie seit weniger als einem Jahr als Milchalternative drei Drinks in Bioqualität an. Und erzielten mit der „Q“-Serie schon 14 Millionen Euro Umsatz.

Sorge um Klima und Gesundheit beflügeln den Verkauf pflanzlicher Lebensmittel

Der Erfolg der Beckumer ist kein Ausreißer, sondern spiegelt die allgemeine Marktentwicklung wider: weltweit, in Europa und in Deutschland. Das zeigt eine Studie der britischen Marktanalysten von Mintel, von der das vegane Wirtschaftsmagazin „vegconomist“ berichtet.

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Vor allem Sorgen um die eigene Gesundheit und das Klima treiben laut Mintel-Direktor David Faulkner die Nachfrage. Zwischen 2015 und 2021 stieg die Zahl der neu eingeführten Produkte auf Pflanzenbasis den Analysten zufolge um sagenhafte 700 Prozent. 2021 hätten sie bereits zwölf Prozent aller neuer Lebensmittelartikel ausgemacht. „Die Entwicklung ist keine Modeerscheinung“, urteilt Faulkner. „Sie steht für einen neuen Lebensstil.“

Das Sortiment wächst beständig

Multinational agierende Handelsketten wie Aldi, Lidl und Tesco befeuern den Trend, indem sie Regalmeter für die Sortimente frei räumen. Nahrungsmittelkonzerne wie Danone und Kellog puschen mit eigenen Kreationen das Angebot.

Besonders aufgeschlossen gegenüber pflanzlicher Kost zeigen sich die Europäer. Besonders viele rein vegane Produkte kamen im vergangenen Jahr in Großbritannien, Portugal und den Niederlanden in die Läden. Gefolgt von Deutschland auf Rang vier (siehe Grafik unten).

Marktanteil veganer Produkte an allen neu eingeführten Lebensmitteln in Europa nach Ländern
In Großbritannien ist schon jedes vierte neue Lebensmittelprodukt vegan

Die Verbraucher sehen ihre entflammte Liebe zu pflanzlicher Kost ganz undogmatisch. Nur eine Minderheit frönt strengen Diäten oder einem lupenreinen Veganismus, erläutert Faulkner. Im Vordergrund stehe das eigene leibliche Wohl. Beispielsweise seien vier von zehn französischen Verbrauchern überzeugt, dass pflanzliche Drinks gesünder sind als Milch. Fast ein Viertel der Deutschen, darunter besonders viele Jüngere, hat sich laut der Studie vorgenommen, seinen Fleischkonsum einzuschränken. Auch in dem Bewusstsein, dass ein fleischarmer Speiseplan wirksam hilft, die bedrohliche Erderwärmung abzubremsen.

Kürzere Zutatenlisten und erschwingliche Preise

Bei Lebensmittelproduzenten wie der Rügenwalder Mühle aus dem niedersächsischen Bad Zwischenahn bei Oldenburg, die den Trend frühzeitig voraus gesehen hat, schlägt sich die Weitsicht in der Geschäftsbilanz nieder. Das Unternehmen verkauft seit 2020 mehr Ersatzprodukte als Fleisch selbst.

Damit pflanzliche Kost endgültig zum Selbstläufer wird, müssten die Hersteller noch zwei Hindernisse aus dem Weg räumen, sagt Faulkner. Zum einen hielten langen Zutatenliste, die auf eine starke industrielle Verarbeitung schließen lassen, Verbraucher vom Kauf ab. Der Experte rät, als Gegenmittel auf die Natürlichkeit der Zutaten zu achten und diese hervor zu heben. Zum anderen schreckten hohe Preise Kunden ab. „Die Marken müssen sich um erschwingliche Preise bemühen, um budgetbewusste Verbraucher zu überzeugen“, so Faulkner.

Schließlich zeichnet sich schon neue Konkurrenz am Horizont ab: Fleisch aus dem Labor oder als Imitat aus dem 3-D-Drucker.

Mehr: Mintel vegconomist

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