Tiny Houses: Ökologisch wohnen im Kleinformat

Ein Geschwisterpaar baut Tiny Houses aus vom Borkenkäfer vernichtetem Fichtenholz. Das Interesse an den Zwergen-Eigenheimen wächst.

Aus der Not geboren: Forstbesitzer aus dem Sauerland bauen aus abgestorbenen Fichtenbeständen nachhaltige Tiny Houses
Abgestorbene Fichten (hinten) zu Tiny Houses Eigenheim nach dem Kreislaufprinzip Bild: Organic Tiny House


Es war für das Geschwisterpaar Lisa und Timo Gelzhäuser aus Kierspe im Sauerland bei Lüdenscheid ein Drama mitanzusehen, wie Trockenheit und der Borkenkäfer ihre Fichten dahin rafften. 70 Prozent ihres Forstbestands waren innerhalb von zwei Jahren verloren. Was tun mit all dem toten Holz, fragten sie sich? Aus der Not griffen sie einen Trend auf, der zunehmend Anhänger gewinnt. Die Gelzhäuser bauen aus den Stämmen ökologisch nachhaltige Klein-Eigenheime, englisch Tiny Houses genannt.

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Tiny Houses ohne Leim und Chemikalien

Inzwischen bieten sie unter der Marke “Organic Tiny House” eine ganze Palette an individuellen, gut ausgestatteten Modellen in Modulbauweise an – von knapp 20 bis 40 Quadratmeter Wohnfläche. Aus naturbelassener Fichte, “frei von Leim, Nägeln und Chemikalien”, wie die Beiden versichern. Eine Luft-Wärmepumpe beheizt die Holzhäuser. Die Preise beginnen bei gut 75 000 Euro.

Das Interesse am minimalistischen Wohnen sei groß, berichtet das Geschwisterpaar. Denn wegen Wohnungsnot und exorbitanter Mieten halten mehr und mehr Menschen nach bezahlbaren Alternativen Ausschau. Im bayrischen Fichtelgebirge haben sich Vorreiter schon zu einer ersten Siedlung mit 24 Zwergenhäusern zusammengefunden. Der Tiny-House-Verband zählt bundesweit bereits mehr als 100 Anbieter.

Immer mehr Kommunen öffnen sich der Idee

Sogar der Deutsche Städte- und Gemeindebund zeigt sich aufgeschlossen. Referatsleiter Alexander Kramer hält nicht anderweitig bebaubare Restflächen in Wohnquartieren und Brachgelände für besonders geeignet. Tatsächlich öffnen sich immer mehr Kommunen der Idee, vom platzsparenden Bauen und geben von Hamburg über Niedersachsen bis Baden-Württemberg Projekte in Planung.

Gerade hat das schleswig-holsteinische Innenministerium eine erste Studie zu den Tinys vorgelegt. Demnach bilden die Interessenten ein breites Spektrum an Menschen und Lebensstilen ab: Umweltbewusste Großverdiener, die durch den Umzug von der Villa ins Kleine ihren ökologischen Fußabdruck radikal senken wollen, sind ebenso darunter wie Schwellenhaushalte und überzeugte Anhänger eines urbanen Minimalismus. Darunter viele junge Paare mit und ohne Kinder.

Eine “Phänomen der Mittelschicht”

Wenige Nutzer sind Aussteiger. Viele arbeiten vielmehr in Gesundheitsberufen, im Sozial- und Kunstwesen oder als Ingenieur und Informatiker. In vielen Projekten sind Frauen der Motor. Die Studienautoren werten die Tiny-House-Bewegung daher als ein “Phänomen der Mittelschicht”.

Auch die Baukosten haben die Experten erhoben. Das Resultat: Auf den Quadratmeter herunter gebrochen, sind die Minihäuser im Vergleich zum konventionellen Wohnungsbau in Schleswig-Holstein eher teuer. Für ein zum Dauerwohnen geeignetes Tiny House müssen Bauwillige je nach Lage und Ausstattung zwischen 4000 und 21 000 Euro je m2 aufwenden. Bei herkömmlichen Häusern fallen dagegen nur zwischen 2600 und 8300 Euro an.

Tiny Houses keine Option im geförderten Wohnungsbau

Die Schlussfolgerung der Experten: Wegen der relativ hohen Kosten seien die Mikrohäuser keine Option im geförderten Wohnungsbau. Konkret schreiben sie: “Das Wohnen darin sollte stets auf
freiwilliger Basis beruhen und nicht zu einem neuen Standard für einkommensschwache Haushalte werden.”

Mehr: gelzhaeuser-forst Focus

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