Wenn die Regale plötzlich leer sind

Es klingt weit hergeholt. Doch Forscher raten Städten, sich wegen des Klimawandels auf vielen Wegen Gemüse, Getreide und Fleisch zu besorgen. Weil weltweit Dürren häufiger werden, drohen den Metropolen sonst Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmitteln.

ausgedörrtes Feld
Ausgedörrtes Ackerland Wenn Ernten großflächig ausfallen, drohen Nahrungsengpässe Foto: pcdazero on Pixabay

Als warnendes Beispiel gilt den Wissenschaftlern der Universitäten in Pennsylvania und Arizona die Entwicklung im Vereinigten Königreich. Wuchs 1987 noch 42 Prozent des konsumierten Obst und Gemüses auf heimischer Scholle, fiel die Selbstversorgung bis 2013 auf 22 Prozent, so die letzte verfügbare Statistik. Zugleich bezogen Supermärkte und Restaurants ihre Ware bereits zu einem Drittel aus Regionen, in denen Wassermangel und Hitze jederzeit ganze Ernten ausfallen lassen können. Ein Spiel mit dem Feuer, warnen die Forscher.

Ebbe im globalen Brotkorb

Vielen Städten sei ihre Abhängigkeit von wenigen Lieferketten zu wenig klar. Würde sich der globale Brotkorb aber wegen massiver zeitgleicher Missernten und Einbrüchen bei den Viehbeständen bei vielen Produzenten drastisch leeren, käme es zu regelrechten “Versorgungsschocks”, prophezeien die Forscher. Die Preise für Nahrungsmittel würden derart anziehen, dass ärmere Bevölkerungsschichten sie sich kaum mehr leisten könnten.

Vollbremsung bei der Erträgen

Der fortschreitende Klimawandel, schreiben die Forscher weiter, mache es wahrscheinlich, dass solche Situationen weit häufiger auftreten als in der Vergangenheit. Schon heute wirkt die Erderhitzung einer Studie von Wissenschaftlern der New Yorker Cornell University und der kalifornischen Stanford University zufolge wie eine Vollbremsung auf die Erträge der Landwirte. Je nach Region schrumpfen sie um bis zu 34 Prozent – ein deutliches Alarmzeichen.

Weltweit leiden 20 Millionen mehr Menschen an Hunger und Unterernährung

Anders als die wohlhabenden Nationen, in denen nicht gleich die blanke Not ausbricht, wenn Nahrungsmittel weltweit knapp werden, trifft der Mangel die Menschen im armen Süden mit voller Wucht. Das zeigt ein gerade veröffentlichter Bericht der Hilfsorganisation Oxfam. Ihm zufolge sterben auf der Welt jede Minute elf Kinder und Erwachsene an den Folgen von Hunger und Unterernährung. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der unter Nahrungsmittelknappheit leidenden Menschen gegenüber dem Vorjahr um 20 Millionen auf 155 Millionen Menschen.

Treiber des Dramas waren zwar vor allem kriegerische Konflikte und Wirtschaftseinbrüche infolge der Corona-Pandemie. Aber der Klimawandel verschärfe die Lage zusätzlich, berichten die Oxfam-Experten. Extremwetterereignisse hätten sich seit den 1980-Jahren mehr als verdreifacht. Allein vergangenes Jahr hinterließen sie laut dem Bericht Schäden von 50 Milliarden Dollar, verwüsteten Felder und Fischgründe.

Stadtfarmen erhöhen die Selbstversorgung

Dagegen sind die Sorgen um die zuverlässige Versorgung westlicher Städte mit Lebenmittel fast ein Luxusproblem. Als Gegenmittel gegen leere Regale und soziale Unruhen raten die Autoren aus Arizona und Pennsylvania den Städten, eine Bestandsaufnahme zu machen, woher sie die Erzeugnisse beziehen. Sollte es eine große Abhängigkeit von wenigen Quellen geben, müssten Händler, Supermärkte, Verwaltungen und Restaurants zusätzliche Lieferwege erschließen. Und gezielt Reserven anlegen, um in Jahren mit extremen Wetterereignissen gegen Versorgungsengpässe gewappnet zu sein. Auch der Aufbau von Stadtfarmen in Hochhäusern und Bürgergärten steigere die Sicherheit.

Mehr: Nature

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