Klimarisiken “katastrophalen Ausmaßes” gefährden Europa

Kein Kontinent erwärmt sich schneller als Europa. Die Klimarisiken bedrohen Gesundheit und Wohlstand. Doch Tatenlosigkeit überwiegt rasches Handeln.

Ob Hochwasser wie hier an der Elbe oder extreme Hitze - Europa ist auf die vielfältigen Klimarisiken nicht vorbereitet
Vom Hochwasser geflutete Häuser an der Elbe Klimarisiken treffen Europa unvorbereitet
Bild: LucyKaef auf Pixabay

Die jetzt vorgestellte Analyse der Europäischen Umweltagentur EUA lässt es an Klarheit nicht fehlen. Ob extreme Hitze, Dürre, Waldbrände oder Überschwemmungen: Die Klimarisiken, denen die Europäer von Portugal bis Polen in den vergangenen Jahren ausgesetzt waren, sind nur ein Vorgeplänkel. Ohne sofortige, entschlossene Maßnahmen könnten die Wetterextreme und die mit ihnen verbundenen Gefahren “katastrophale Ausmaße” annehmen, warnen die Experten.

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Klimarisiken bergen ein unkalkulierbares Gefahrenpotenzial

Sie treffen so gut wie alle Lebensbereiche. Missernten, knappes Trinkwasser, weggespülte Straßen und Strände, zerstörte Häuser sind nur ein kleine Auswahl der 36 Klimarisiken. die die Forscher betrachtet haben. 21 darunter hätten bereits ein “kritisches Niveau” erreicht, das unverzügliches Engagement und Handlungstempo erfordere, schreiben sie. Ohne Gegenmaßnahmen würden Hunderttausende Menschen durch Hitzewellen sterben. Allein die wirtschaftlichen Verluste durch überflutete Küsten taxieren die EUA-Experten auf eine Billion Euro – pro Jahr!

Eine Billion Euro Schäden pro Jahr allein an den Küsten

“Unsere Analyse zeigt, das Europa mit Klimarisiken konfrontiert ist, die sich schneller entwickeln als unsere gesellschaftliche Vorsorge”, urteilt EUA-Chefin Leena Ylä-Mononen. Die Schlussfolgerung der Finnin: “Dies ist die neue Normalität. Und es sollte ein Weckruf sein, der letzte Weckruf.”

Wohl wieder einmal ein frommer Wunsch. Denn solche Weckrufe gibt es schon seit Jahren zuhauf. Fast schon verzweifelt versucht Bill McGuire, Professor für Klimaforschung aus London, dieser Tage die Öfffentlichkeit mit einem Beitrag auf dem US-Nachrichtensender CNN wach zu rütteln.

Nie seit ihrem Bestehen habe sich die Erde so schnell erwärmt wie derzeit, schickt McGuire voraus. Und fährt fort: “Was mit unserer Welt gerade passiert, ängstigt mich zu Tode. Aber wenn ich diese brutale unverblümte Wahrheit von den Dächern brüllte, würde sie dich und andere dazu aufrütteln, für unseren Planeten und die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen?”

“Was mit unserer Welt gerade passiert, ängstigt mich zu Tode”

Bill McGuire, britischer Klimaforscher

Vielmehr scheint ein Gewöhnungseffekt eingetreten zu sein. Oder schlimmer noch: Der Daueralarm löst Aversionen beim Wahlvolk aus. Das zeigen Umfragen, bei denen die Sorge ums Klima weit nach hinten gerutscht ist – hinter Inflation, Wohnraumnot, Renten und Migration. Mit neuen Staatsschulden wollen die Deutschen ihre Enkel nicht belasten. Die viel verheerenderen Klimaschulden hinterlassen sie ihnen jedoch offenbar ungerührt.

Um ihre Wahlchancen zu erhöhen, reagieren Politik und Parteien auf den Prioritätenwechsel. Gut zu beobachten ist das an der Haltung Ursula von der Leyens.

Klimarisiken genießen bei den Deutschen keine Priorität mehr

Obwohl die EU-Kommissionspräsidentin sehr wohl weiß, dass sich Europa noch schneller aufheizt als der Rest der Welt (siehe Grafik unten), trägt sie als Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl am 9. Juni einen Abbau von Klimaschutz mit. Laut ihrem Wahlprogramm wollen CDU und CSU das Verbrenner-Aus wieder abschaffen. Dabei ist das Verbot für Diesel und Benziner von 2030 an ein zentraler Teil des Green Deals, den von der Leyen maßgeblich voran getrieben hat.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der globalen Temperatur auf der Erde im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter
Vergangenes Jahr erreichte die globale Temperatur sprunghaft neue Rekordwerte Quelle: C3S/ECMWF

Wichtiger sind von der Leyen und der Union jetzt die Anschaffung von Kampfjets und Flugzeugträgern, ein verschärftes Asylrecht, Grenzzäune und die Abschiebung illegaler Migranten.

Kampfjets statt Verbrenner-Aus

Es ist leicht absehbar, dass das Ausblenden der dramatischen Klimaentwicklung uns schon bald umso heftiger auf die Füße fällt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass das arktische Eis und die gefrorenen Böden dort weit schnelller auftauen als ohnehin befürchtet. Ein Effekt: Noch mehr dort gespeichertes CO2 gelangt in die Atmosphäre und treibt die Temperaturen zusätzlich in die Höhe. Zudem warnen die Forscher vor gefährlichen Viren, die über Jahrtausende in dem Eis gefangen waren. Weiteres Risiko: Der Golfstrom könnte erlahmen.

Mehr: EUA ZDF CNN fastcompany

Dieter Dürand

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