Lithium: Neues Rheingold für E-Autos

Lithium ist zentraler Rohstoff für E-Auto-Batterien. Nun zeigt sich: Deutschland kann beachtliche Mengen selbst fördern – via Geothermie.

Lithium-abgereichertes Thermalwasser um eine Injektionsbohrung (grafische Darstellung): Der Lithium-Gehalt reicht für Jahrzehnte
Ausbreitung von Lithium-abgereichertem Thermalwasser um eine Bohrung Vorrat für Jahrzehnte Grafik: Valentin Goldberg und Fabian Nitschke

EU-Kommission und Bundesregierung wollen sich beim raschen Ausbau der E-Mobilität schleunigst aus der fatalen Abhängigkeit von asiatischen Batteriefabriken befreien. Geplant ist das Hochziehen von mehr als 30 eigenen Werken bis 2030. So weit so gut. Der Haken jedoch: Europa fehlt es an Lithium, dem Grundstoff für leistungsfähige Stromspeicher. Dabei wächst allein die Nachfrage an Rhein und Elbe auf bis zu 15 Prozent des für 2025 prognostizierten weltweiten Bedarfs an dem begehrten Alkalimetall.

Lithium ist ein zentraler Baustein der Energiewende

Jetzt keimt Hoffnung, speziell auch in Deutschland. Denn eine aktuelle Untersuchung von Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) belegt: Allein über die bestehenden Geothermiebohrungen im Oberrheingraben von Basel bis Wiesbaden könnte sich das Land für Jahrzehnte zuverlässig mit Lithium versorgen, ohne dass die Rohstoffquelle versiegt. Der letzte Punkt war bisher ungeklärt.

Die mögliche Ausbeute ist nicht zu verachten. Im Verbund mit vorhandenen Geothermiebohrungen im Norddeutschen Becken könnte das im Thermalwasser gebundene wertvolle Lithium immerhin bis zu zwölf Prozent des hiesigen Jahresbedarfs decken. Das schätzt KIT-Forscher Valentin Goldberg. Es wäre eine Art neues Rheingold.

Doppelte Ausbeute zu geringen Umweltkosten

Weitere Pluspunkte laut Goldberg. Die Gewinnung wäre mit geringen Umweltkosten verbunden. Und ebenso wichtig. Der Gehalt an Lithium im Wasser nimmt zwar in den ersten zehn Jahren um 30 bis 50 Prozent ab. Danach bleibt er aber weitgehend konstant. “Das ist auf das offene Kluftsystem zurückzuführen, das kontinuierlich frisches Tiefenwasser aus anderen Richtungen nachliefert,” erläutert der an der Analyse beteiligte KIT-Experte Fabian Nitschke.

Bohrung nach Thermalwasser für die Wärmegewinnung: Neue erdbebensichere Projekte am Start
Bohrung nach Thermalwasser Viele neue Projekte am Start Bild: Pixabay

Für seinen Kollegen Thomas Kohl ist die doppelte Ausbeute ein gewichtiges Argument für den beschleunigten Ausbau der Geothermie hier zu Lande. Allen Sorgen von Anwohnern, die Tiefenbohrungen könnten Erdbeben auslösen, zum Trotz. “Wir wussten bereits, dass die Geothermie uns über Jahrzehnte grundlastfähige, erneuerbare Energie liefern kann.” Tatsächlich gewinnt das Wachstum an Schwung, gehen wie zuletzt in Erfurt viele neue Projekte an den Start.

Fußbodenheizung in 4500 Metern Tiefe

Dabei werden wie im bayrischen Geretsried neue vielversprechende Technologien erprobt. Das dortige System des kanadischen Investors Eavor Technologies funktioniert ähnlich einer Fußbodenheizung, allerdings verlegt in 4500 Metern Tiefe. In den heißen Gesteinsschichten wird die in der Leitung zirkulierende Flüssigkeit auf 120 Grad Celsius erhitzt. Sie steigt von selbst an die Oberfläche, wo die Wärme gespeichert wird.

Der Vorteil dieses Technik gegenüber klassischen Varianten. Dem Gestein wird kein Tiefenwasser entzogen. Dadurch bleibt die Tektonik im Untergrund stabil. Beben sind praktisch ausgeschlossen.

Bei einem jüngsten Besuch in Geretsried zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz daher beeindruckt. “Ich freue mich über den Pioniergeist”, sagte er. “Das ist ein großes Stück Ingenieurkunst.”

SZ KIT Tagesschau BR

Dieter Dürand

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*