Würgen die hohen Preise den Markt für Stromer ab?

Arnaud Deboeuf, Produktionschef von Stellantis, befürchtet, dass der Markt für E-Autos zusammenbricht, wenn die Preise nicht herunter gehen. Und vor wenigen Tagen schlug ebenfalls die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wegen der zu erwartenden Lithiumknappheit Alarm. Wird der Umbau zur E-Mobilität ein Flop?

Elektroauto Opel Corsa-E Bringen Lieferprobleme und hohe Preise den gesamten Markt zum Kippen (Foto: Stellantis)

Der Chef von Deboeuf, Carlos Tavares, CEO des Autoriesen Stellantis, warnte schon im Mai davor, dass die Rohstoffe für die Antriebsbatterien knapp würden. Auf einer Konferenz der Financial Times (FT) sagte Tavares: “Und wenn es keinen Mangel an Batterien gibt, dann wird es eine erhebliche Abhängigkeit der westlichen Welt gegenüber Asien geben. Das ist etwas, dass wir leicht vorhersehen können.”

Zwar unternehmen europäische und amerikanische Hersteller einiges, um sich von chinesischen, südkoreanischen oder japanischen Akkubauern unabhängig zu machen. So stampft Stellantis im Rahmen des Joint Ventures ACC mit Mercedes-Benz mehrere Batterie-Fabriken aus dem Boden. Der Volkswagen-Konzern will sechs Akku-Werke in Europa aufbauen. Erst vor zwei Tagen wurde der Grundstein für das Akku-Werk in Salzgitter gelegt. Auch in Italien und in Polen entstehen mehrere Großfabriken.

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Doch wird es noch einige Jahre dauern, ehe die europäischen Fabriken die Nachfrage von Europas Autobauern befriedigen können. Die Europäer müssen noch lange mit der Abhängigkeit von Asien leben. Nun kommen Nachschubprobleme für Rohstoffe dazu. “Wo sind die Rohstoffe? Wo liegen die geopolitischen Risiken bei der Beschaffung”, fragte Tavares auf der FT-Konferenz besorgt.

Hunger nach Lithium

Die jüngste Studie der  der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bestätigt die skeptische Haltung von Tavares. Bis zum Ende des Jahrzehnts wächst der Bedarf nach Lithium nach je nach Szenario auf mindestens 316 000, möglicherweise aber auch auf 550 000 Tonnen pro Jahr an. Neun Zehntel des aufbereiteten Lithiums gehen in die Antriebsbatterien für E-Autos. Der jährliche Fehlbedarf beträgt entsprechend dem jeweiligen Szenario zwischen 300 000 und bestenfalls 90 000 Tonnen.

Andere Studien gehen wegen der Lieferprobleme von nur 25 Millionen produzierten Stromern statt 40 Millionen bis Ende des Jahrzehntes aus. Bis dahin will aber auch Stellantis in Europa keine Verbrenner mehr verkaufen. Der 14-Marken-Konzern – darunter Fiat, Chrysler, Citroën, Peugeot und Opel – steht unter Druck. Die meisten seiner Marken stehen für grundsolide, aber günstige Automobile. Zurzeit kosten E-Fahrzeuge fast aller Hersteller trotz ihrer bedeutend einfacheren Technik etliche tausend Euro mehr als Verbrenner.

Fördergelder laufen aus

Noch werden die hohen Preise durch staatliche Zuschüsse erträglicher gemacht. Wie lange noch, ist fraglich. In Deutschland soll der Zuschuss von 6000 Euro ab dem kommenden Jahr sinken. Vielleicht läuft die Subvention sogar ganz aus. Bis vor kurzem rechneten die E-Autobauer mit stetig sinkenden Batteriepreisen, die den Wegfall der Förderungen gemildert hätten. Diese Hoffnung hat sich während der vergangenen Monaten jedoch aufgrund der Covid-Pandemie, des Ukraine-Krieges und der Rohstoffknappheit zerschlagen.

Ob die ehrgeizigen Pläne der EU-Kommission, bis 2035 – von Ausnahmen abgesehen – nur noch Stromer neu zuzulassen, zu verwirklichen sind, scheint angesichts der erwähnten Einschränkungen fraglich. Hoffen wir, dass Skeptiker wie Tavares und sein Produktionschef Deboeuf unrecht behalten.

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