Elektromobilität: Ausbautempo hinkt den Zielen hinterher

Weniger E-Autos verkauft, neue Ladestationen entstehen nur im Schneckentempo. Experten fordern einen Masterplan für Elektromobilität.

Lade-Bordstein für Stromer: Die optisch unauffällige Steckdose für E-Autos am Straßenrand soll Schwung in die Elektromobilität bringen
Lade-Bordstein für E-Autos Neuer Schwung für die Elektromobilität Bild: Rheinmetall

Kanzler Olaf Scholz kanzelt die Klebeaktionen der Klimaaktivisten der “Letzten Generation” als “bekloppt” ab. Dass seine Regierung meilenweit die selbst gesteckten Klimaziele verfehlt, dafür findet er keine harschen Worte. Dabei wäre Selbstkritik angebracht. Denn die viel beschworene Energiewende kommt allenfalls in Trippelschritten voran. Vom neuen Deutschlandtempo, das Scholz beschwört, ist weit und breit nichts zu sehen. Ob solar oder bei Wind – das Ausbautempo bleibt weit hinter den Notwendigkeiten zurück. Ganz besonders auch bei der Elektromobilität.

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Elektromobilität tritt auf der Stelle

Das belegen aktuelle Daten. 15 Millionen Elektroautos sollen nach dem Willen der Ampelregierung im Jahr 2030 über deutsche Straßen kurven. Bisher sind es Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge erst 1,7 Millionen. Auch bei der Ladeinfrastruktur ist der Rückstand groß. Eine Million Ladepunkte sind angepeilt; installiert wurden erst etwas mehr als 85 000 (siehe Grafik unten).

Die Grafik vergleicht den aktuellen Stand bei der Energiewende mit den Zielen der Bundesregierung für 2030. Ein großer Rückstand zeigt sich nicht zuletzt bei der Elektromobilität
Großer Rückstand nicht nur bei den Erneuerbaren, sondern auch bei der Elektromobilität
Quelle: statista

Die aktuellen Zulassungszahlen für reine batteriebetriebene Fahrzeuge geben wenig Anlass zur Hoffnung auf eine Aufholjagd – im Gegenteil. Laut Kraftfahrtbundesamt wurden im ersten Quartal dieses Jahres gerade einmal etwas mehr als 65 000 Stromer neu angemeldet. Das niedrigste Wachstum der vergangenen zwei Jahre. Im April zogen die Verkäufe allerdings wieder leicht an.

Masterplan für die Elektromobilität

Was also tun? Die Chefin des Dachverbands der deutschen Energiewirtschaft (BDEW) hat dazu eine Idee. “Wir brauchen eine 15-Millionen-Elektroauto-Strategie, und die Bundesregierung muss dafür endlich einen Materplan erstellen”, fordert Kerstin Andreae. Gehe es so langsam weiter wie bisher, seien 2030 nicht einmal vier Millionen Pkw unterwegs, schimpft sie.

Neben der Regierung sieht Andreae allerdings auch die Autoindustrie in der Pflicht. “Sie muss ein viel breiteres Angebot an bezahlbaren Elektrofahrzeugen bereitstellen.” Zugleich sei der zügige Ausbau von Ladehubs geboten, um den Autofahrern die Angst zu nehmen, mit leerer Batterie liegen zu bleiben.

Köln testet Lade-Bordsteine

Da kommt mit Rheinmetall ein Konzern ins Spiel, der sich gerade mit dem Verkauf von Panzern und Munition im neuen Rüstungswettlauf seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs eine goldene Nase verdient. Die Düsseldorfer mischen aber auch im Automobilgeschäft mit. Sie haben ein platzsparendes System entwickelt, das sperrige und optisch das Stadtbild verschandelnde Ladesäulen überflüssig machen könnte.

Die Ladeelektronik ist stattdessen in unauffällige Bordsteine am Straßenrand integriert. Zum Anschließen wird die Steckdose einfach hoch geklappt. Als preiswert, leicht nachrüstbar für komplette Straßenzüge und Parkplätze sowie rasch skalierbar preisen die Rheinmetall-Manager ihre Entwicklung.

Städtebaulich verträgliche Alternative

Schon diesen Sommer wollen sie es an zwei Standorten in Köln auf seine Praxistauglichkeit hin testen. Gemeinsam mit TankE, einer Tochtergesellschaft der städtischen Rheinenergie. Jörn Hansen, Leiter Unternehmensentwicklung derTankE formuliert große Erwartungen: “Wir schaffen damit eine städtebaulich verträgliche Alternative für das Laden von Elektroautos im öffentlichen Straßenraum.“

Mehr: KBA Rheinmetall

Dieter Dürand

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