Warum die Reeder bei grünen Kreuzfahrten kaum voran kommen

Kunden würden gerne mit reinem Gewissen in See stechen. Doch die Branche schafft es nur im Schneckentempo, Kreuzfahrten umweltgerecht zu gestalten.

Kreuzfahrten auf einem AIDA-Schiff: Dreck statt sauberen Abgasen entweicht dem Schornstein
Noch immer zu viele Dreckfahnen Kreuzfahrten schädigen Mensch und Natur, doch erste Fortschritte zeichnen sich immerhin ab Bild: NABU/stockmarpluswalter.de

Urlauberschiffe verpesten die Luft. Das ist kein Geheimnis. Doch in welchem ungeheuren Ausmaß das auf Kreuzfahrten passiert, enthüllt eine jüngste Studie der europäischen Organisation Transport and Environment (T&E). Sie setzt sich für nachhaltigen Verkehr ein. Demnach stießen Europas 218 Luxus-Kreuzfahrt-Schiffe vergangenes Jahr so viel giftiges Schwefeldioxid (SOx) aus wie eine Milliarde Autos.

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Kreuzfahrten-Industrie auf Kurs ins Klimadisaster

Journalisten des renommierten US-Magazins „Time“ fällen ob der Entwicklung ein harsches Urteil. „Die Kreuzfahrt-Industrie ist auf Kurs ins Klimadisaster.“

Als besonderer Schmutzfink tat sich die britisch-US-amerikanische Carnival Corporation hervor, weltgrößter Anbieter von Kreuzfahrten. Ihre 63 Schiffe setzten mehr SOx frei als alle europäischen Pkw zusammen. Das Gas fördert sauren Regen und schädigt die Atemwege, kann sogar Asthma auslösen.

Zu viele Schiffe tanken immer noch Schweröl

Zwar statten die Reedereien ihre schwimmenden Urlauberclubs nach und nach mit besseren Abgasreinigungssystemen aus. Doch die allermeisten Pötte tanken immer noch das besonders schmutzige Schweröl. Und vor allem wachsen die Flotten unaufhörlich, was die Verbesserungen am einzelnen Schiff überkompensiert.

Ein aktuelles Ranking des Naturschutzbunds Nabu bestätigt die Erkenntnisse der T&E-Experten. Zwar konzediert Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller den Eignern verstärkte Anstrengungen. „Kein Unternehmen nimmt sich mehr heraus, keine Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen.“ Doch selbst die norwegischen Spitzenreiter Havila und Hurtigruten (siehe Grafik unten) seien entgegen dem Wunsch ihrer Kunden noch weit davon entfernt, „Kreuzfahrten mit gutem Gewissen zu ermöglichen.“

Die Grafik zeigt, wie weit Reedereien beim Versuch voran gekommen sind, den ökologischen Fußabdruck von Kreuzfahrten zu minimieren
Welche Reedereien den ökologischen Fußabdruck von Kreuzfahrten am stärksten verkleinert haben Quelle: Nabu

Flüssiggas keine geeignete Brückentechnologie

Als „besorgniserregend“ werten die Nabu-Umweltschützer den Trend, Schiffe auf einen Antrieb mit Flüssiggas (LNG) umzurüsten. Beim Verbrennen würden enorme Mengen Methan frei, kritisieren sie. Das Gas sei 80mal klimaschädlicher als Kohlendioxid (CO2). LNG sei keine geeignete Brückentechnologie, schlussfolgert der Nabu.

Mehr Anschlüsse für Landstrom

Vielmehr setzen seine Experten auf klimaneutral gewonnenes Methanol. TUI Cruises und Norwegian Cruise Lines haben inzwischen Schiffe in Auftrag gegeben, die mit dem Brennstoff fahren. Als Fortschritt vermerkt der Nabu zudem, dass einige europäische Häfen Landstromanschlüsse für die Riesen gebaut haben, sodass diese ihre Motoren ausstellen können, während sie am Kai liegen. In Deutschland sind Hamburg, Kiel und Rostock Vorreiter.

Kreuzfahrten auf Schonern die bessere Alternative

Wer ursprüngliche grüne Seefahrt genießen will, begibt sich am besten an Bord eines Segelschiffes – ob Vier-. Fünfmaster oder Schoner, ganz egal. Das Angebot an Reisen auf einem solchen Booten wächst seit Jahren. Mal geht es von Lissabon bis Barbados in der Karibik, mal entlang der italienischen Amalfi-Küste oder rund um die griechischen Kykladen. Der Wermutstropfen: Fürs gute Gewissen, muss man teils tief in die Tasche greifen.

Mehr: T&E businessinsider adventure-life

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