So schlecht steht es um Wald und Wasser

Die Bundesegierung warnt: Zunehmende Trockenheit und Hitze setzen unserem Wald und dem Wasser massiv zu. Was jetzt zu tun ist.

Großflächig abgestorbene Nadelbäume - der Klimawandel setzt Wald und Wasser auch in Deutschland mächtig zu
Abgestorbene Nadelbäume Heiße trockene Sommer setzen Wald und Wasser unter Stress Bild: Pixabay

Wer im Harz oder im Bergischen Land durch den Wald streift, kann es nicht übersehen. Großflächig recken sich lichte Kronen gen Himmel. Oder die Bäume sind gleich ganz kahl und teils umgeknickt. Der aktuelle Waldzustandsbericht dokumentiert das erschreckende Ausmaß. Nur jeder fünfte Baum ist noch gesund (siehe Grafik weiter unten). Ob Fichte, Tanne, Eiche oder Buche – sie alle leiden unter dem Klimawandel. Hitze, Trockenheit und im Gefolge Schädlinge wie der Borkenkäfer lassen sie reihenweise eingehen.

Wald und Wasser leiden unter Hitze und Dürre

Der zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat weitere Gründe für das Siechtum ausgemacht. “Einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Hitzetoleranz der Bäume haben die weiterhin hohen Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und teilweise saure Waldböden”, beklagt der Grünen-Politiker.

Die ungeschminkte Wahrheit lautet: Nicht nur in weit entfernten Ländern sterben die Wälder oder werden rücksichtslos abgeholzt. Auch bei uns büßen sie ungebremst ihre Funktion als wichtiger CO2-Speicher, Sauerstoffquelle und Wasserreservoir ein. Die relativ ausgiebigen Niederschläge der vergangenen Monate ändern wenig bis nichts an diesem Befund.

Die Grafik zeigt die Anteile stark, mittelmäßig und gar nicht geschädigter Bäume in Deutschland. Demnach ist nur jede Fünfte Baum gesund
Nur jeder fünfte Baum in Deutschland ist noch gesund Quelle: Thünen-Institut für Waldökosysteme

Klimaangepasstes Waldmanagement gegen das Fiasko

Was aber tun, um das Fiasko aufzuhalten? Özdemirs Gegenmittel heißen: klimaresiliente heimische Baumarten, artenreiche Mischwälder statt Monokulturen, weitgehender Verzicht auf Kahlschlag und den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Kurzum: Weg vom Wirtschaftswald – zurück zu einem naturnahen Ökosystem. Um die Waldbesitzer für den Umstieg zu erwärmen, lockt der Minister mit einem 900 Millionen Euro schweren Programm für “klimaangepasstes Waldmanagement”.

Fast zeitgleich mit ihrem grünen Kabinettskollegen stellte Bundesumweltministerin Steffi Lemke erstmals eine nationale Wasserstrategie vor. Zwar gibt es derzeit noch keinen generellen Wassermangel in Deutschland. Doch die teils monatelangen Trockenperioden der vergangenen Jahre führten vielerorts zu sinkenden Grundwasserpegeln, Rekordtiefständen in Stauseen und Einschränkungen für Binnenschiffer, weil Flüsse wie der Rhein zu wenig Wasser führten.

In vielen Regionen ist es ungewöhnlich trocken

Hinzu kommt: Die Wasservorräte sind laut Umweltbundesamt (UBA) regional sehr unterschiedlich verteilt. Sie sind beispielsweise in den Gebirgsregionen Süddeutschlands zehn- bis zwanzigmal größer als im trockenen Brandenburg. Ein aktueller Monitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zeigt auf, dass es weit mehr Gegenden im Lande gibt als gemeinhin gedacht, in denen es ungewöhnlich trocken ist oder sogar Dürre herrscht (siehe Grafik unten). Wenn auch nicht vergleichbar mit dem Ausmaß, das unsere französichen Nachbarn aktuell heimsucht.

Die Karte zeigt, in welchen deutschen Regionen es ungewöhnlich trocken ist, oder sogar Dürre herrscht
UFZ-Dürremonitor/ Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Steigen die Durchschnittstemperaturen im derzeitigen Tempo weiter an, muss noch mehr Nass für die Bewässerung von Feldern und Obstplantagen abgezweigt werden als heute schon, um Ernten zu sichern. Zu den weiteren Problemen, auf die Lemke hinweist, gehören wachsende Mengen an Gülle und Dünger, die das Grundwasser verunreinigen. Ebenso die gesundheitsgefährdende Konzentration künstlich hergestellter, giftiger PFAS-Ewigkeits-Chemikalien im Trinkwasser.

Fernleitungsnetze und Schwammstädte

Und die Kehrseite von Hitze und Dürre im Gepäck des Klimawandels sind häufigere örtlich begrenzte Sturzfluten vom Himmel. Sie setzen Straßen, Keller und Felder unter Wasser, lassen verwandeln harmlose Bäche in Minuten in reißende Ströme, die Häuser und Brücken wegschwemmen. Die Schrecken der Flut an Ahr und Erft im Sommer 2021 stecken noch in den Knochen.

Mit gleich 80 Maßnahmen will Ministerin Lemke all diesen Herausforderungen begegnen. Zu den wichtigsten gehören:

  • Der Ausbau eines Fernleitungsnetzes, über das im Ernstfall Wasser aus nassen in trockene Regionen fließen kann, um überall die Trinkwasserversorgung zu garantieren,
  • die Begrenzung der Einleitung gefährlicher Stoffe,
  • Kommunen und Bundesländer sollen verpflichtet werden, bei der Ausweisung neuer Bebauungspläne auf Hochwasser- und Überschwemmungsrisiken zu achten,
  • zudem sollen vermehrt sogenannte Schwammstädte entstehen, die große Mengen Wasser vorübergehend über Sickerschächte und Flutrinnen aufnehmen und bei Hitze zur Kühlung wieder abgeben können.

Wasserkonferenz in New York

Gemessen am verheerenden Zustand der Trinkwasserversorgung der Menschen in weiten Teilen Afrikas und Asiens sind die deutschen Sorgen indes pure Luxusprobleme. Wie gravierend die Not ist, zeigt eine Zahl der Weltwetter-Organisation (WMO). Demnach hat weltweit mit 3,6 Milliarden Menschen rund ein Drittel der Erdbevölkerung zumindest zeitweise keinen ausreichenden Zugang zu Wasser. Weder zum Trinken, noch zum Kochen oder für die Hygiene (siehe auch Video weiter unten).

Kinder in Uganda holen Wasser in Kanistern per Fahrrad von weit her
Kinder in Uganda holen Wasser in Kanistern von weit her Ein Drittel der Weltbevölkerung ist unterversorgt
Bild: Pixabay

Erstmals seit fast fünf Jahrzehnten nehmen sich dieser Tage in New York die Vereinten Nationen (UN) dieses Skandal wieder an. Ganz besonders in den Städten wird sich der Mangel nach allen Projektionen massiv verschärfen. Im Jahr 2050 werden dort 2,4 Milliarden Menschen um die knappe Ressource konkurrieren. Die Nachfrage steigt im gleichen Zeitraum um 80 Prozent. Wo das Wasser herkommen soll: unklar.

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Zugang zu Wasser ist ein in der UN-Charta verankertes Menschenrecht

Krieg ums Wasser

Der Klimawandel mit langen Dürreperioden verschärft die Situation dramatisch. Ohne Gegensteuern könnte die globale Wasserkrise außer Kontrolle geraten und heftige Konflikte, ja gar Kriege auslösen, warnen die UN. Sie setze zudem der Tier- und Pflanzenwelt massiv zu und könne ganze Ökosysteme zerstören. “Es muss dringend was passieren”, fordert Richard Connor, einer der Leitautoren des UN-Wasserreports. Recht hat er. Schließlich ist der Zugang zu Wasser ein garantiertes Menschenrecht.

Mehr: bmel tagesschau bundesregierung SZ weforum CNN

Dieter Dürand

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