Bis 2030 soll kein Mensch mehr an Hunger sterben. Dieses hehre Ziel setzte sich die Staaten der Vereinten Nationen vor sechs Jahren. Tatsächlich sind mehr Menschen denn je unterernährt. Warum Fleichersatz-Produkte ein Hoffnungsschimmer sind.
Ausgezehrt, blutarm, wachstumsverzögert – die Folgen der sich verschlimmernden Unterernährung in vielen Teilen der Welt produzieren unendliches Leid. Und Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Nach den jüngsten Berichten der UN und der Welthungerhilfe litt 2021 ein Zehntel der Weltbevölkerung dauerhaft an Hunger – konkret bis zu 828 Millionen Menschen. Im Mittel 46 Millionen Menschen mehr als im Jahr zuvor (siehe Grafik unten).
Weitere 3,1 Milliarden Erdenbürger können sich keine gesunde Ernährung leisten, weil sie arm sind, wohingegen die Lebensmittelpreise in den Armenhäusern des globalen Südens teils schockartig stiegen. Vor allem für Grundnahrungsmittel wie Getreide, Obst und Gemüse. Dagegen verloren viele Menschen wegen des Wirtschaftsabschwungs infolge der Corona-Pandemie ihre Jobs. Klimaextreme wie Dürren, Stürme und Überschwemmungen verschärften die Lage ebenso wie wachsende soziale Ungleichheit und kriegerische Konflikte, listen die UN-Autoren auf.
Der Hunger ist auf der Welt höchst ungleich verteilt
Der Hunger ist dabei auf der Welt höchst ungleich verteilt. Das zeigt eine Übersichtskarte der UN (siehe Grafik unten). Die meisten Mangelernährten leben in Asien (425 Millionen) und in Afrika (278 Millionen). Für den Präsidenten des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), Gilbert Houngbo, gelten keine Ausreden mehr. “Das sind alles niederschmetternde Zahlen. Wir bewegen uns weg vom Ziel, den Hunger bis 2030 zu besiegen.”
Wie aber gegensteuern? Für den Generaldirektor des Welternährungsorganisation (FAO) Qu Dongyu hilft gegen das Versagen nur ein fein abgestimmtes Bündel an Maßnahmen. Nach seinen Berechnungen müssen die 62 ärmsten Länder dieses Jahr wegen der Preisexplosion 24,6 Milliarden Dollar zusätzlich aufbringen, um ihre Bevölkerung mit importierten Nahrungsmitteln zu versorgen. Das betreffe rund 1,8 Milliarden Menschen. Qu schlägt vor, beim Internationalen Währungsfonds (IMF) dafür kurzfristig einen finanziellen Hilfstopf einzurichten.
Umstellung auf nachhaltige, lokal angepasste Selbstversorgung
Damit könnten zwar Hungeraufstände und Massensterben verhindert werden, so Qu. Aber eine dauerhafte sichere Versorgung mit Lebensmitteln bringt die Notmaßnahme natürlich nicht (siehe auch Video unten). Nur wenn es diesen Staaten gelänge, eine lokal angepasste, autarke Landwirtschaft aufzubauen, kämen sie einer zuverlässigen und nachhaltigen Selbstversorgung näher, betont der FAO-Manager. Darauf müssten die Mittel künftig konzentriert werden, fordert er. Bis hin zum Anbau von an den Klimawandel angepassten Sorten, die wenig Wasser und teure Düngemittel benötigen.
Hier kommt das reiche Drittel der Weltbevölkerung ins Spiel. Steigen die Wohlgenährten der Industrienationen auf eine fleischarme Kost um, bremst das die Erderhitzung. Deren Folgen wie Trockenheit und Versteppung weiter Landstriche treffen die armen Länder des Südens besonders hart.
Umstieg auf Fleischersatz wirksamer als der Kauf eines E-Autos
Wie wirksam ein weitgehender Umstieg auf pflanzliche Fleischersatzprodukte den Ausstoß an Treibhausgasen senken würde, haben Experten der US-Beratung Boston Consulting Group (BCG) aktuell ausgerechnet. Ihre doch etwas überraschende Erkenntnis:
Jeder investierte Euro dort spart drei Mal mehr CO2-Emissionen ein als beispielsweise weniger Klima schädliche Prozesse in der Zementindustrie. Im Vergleich zur Dämmung von Gebäuden bringt die Pflanzenkost sogar sieben Mal mehr, gegenüber emissionsfreien Autos sogar elf Mal mehr fürs Klima (siehe Grafik unten).
Wenn das kein Grund ist, seine Essgewohnheiten zu überdenken. Laut BCG zeigen sich die befragten Konsumenten in sieben Industrieländern durchaus offen dafür. Zwei Drittel gaben an, die pflanzlichen Proteinalternativen bereits ausprobiert zu haben; sogar drei Viertel halten sie für gesünder. Allerdings: Mehr Geld wollen die Verbraucher für den Wurst- und Fleischersatz nicht ausgeben.
Mehr: fao Welthungerhilfe BCG
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